Refugio Amazonas Lodge
19.11. 2016


Um 4:30 h klingelten beide Wecker. Es dämmerte schon leicht. Schnell zogen wir unsere Wanderklamotten an, ergriffen unsere Rucksäcke und Kameras und gingen zum Frühstück um 4:45 h. Trotz der frühen Stunde verspürte ich schon Hunger. Um 5:15 h trafen wir uns mit Oscar zu einer frühen Morgenwanderung durch den Dschungel zum ca. 3 km entfernten See Lago Condenado. Da das Wetter heute gut aussah, brauchten wir keine Gummistiefel, sondern konnten uns mit unseren normalen Wanderschuhen auf den Trail begeben. Es ging durch dichten Urwald auf einem schmalen Pfad. Oscar ging voraus , immer wieder nach vorne und in die Umgebung schauend, ob nicht etwas Interessantes zu sehen war. Einige Affen (Braune Kapuzineraffen) turnten hoch durch die Äste.

Viele Vogelstimmen ertönten, waren aber in dem dichten Laub schwer zu orten. Besonders für mich war das schwierig, da ich auf dem rechten Ohr nicht mehr gut höre und somit nicht die Richtung erkennen kann. An einer Stelle kreuzte eine ganze Armee fleißiger Blattschneiderameisen unseren Weg. Auf einer Tafel stand geschrieben, dass diese Ameisen einen Baum innerhalb 24 Stunden kahl fressen können... Ein Braunrückentamarin (Saddleback Tamarin) hüpfte von Baum zu Baum, lustig anzusehen mit seinem langen Schwanz.

Mehrmals konnten wir kleine Pfeilgiftfrösche am Boden sehen, die jetzt während der beginnenden Regenzeit gut beobachtet werden können. Immer wieder überflogen uns hoch am Himmel verschiedene Sittiche. Mit steigender Sonne stieg die Temperatur und wir begannen mächtig zu schwitzen. Viel Wasser trinken war jetzt angesagt. Um 6:30 h erreichten wir den See. Direkt im Ufergebüsch entdeckten wir einige Hoatzins , etwa huhngroße prächtige Vögel, deren Gefieder in der prallen Sonne glänzte. An einem Bootsteg lagen einige Boote mit Paddel. Eins davon bestiegen wir. Oscar nahm eins der Paddel und manövrierte uns am Ufer entlang.

Die Wasseroberfläche lag da wie ein Spiegel, der die Sonneneinstrahlung noch verstärkte, so dass ich schnell auf Arme und Gesicht Sonnenschutz auftragen musste. Wir passierten die Stelle mit den Hoatzins, deren Zahl inzwischen noch größer geworden war. Zwei Rohrspottdrosseln (Black-capped Donacobius) flatterten munter an einem im Wasser liegenden trockenen Baumstamm herum. Zwei Riesenanis (Greater Ani) mit leuchtend dunkelblauem Gefieder kamen hinzu.

In der Luft kreisten einige Raubvögel, u.a. Milan und Geier (Yellow headed Vulture). Langsam paddelten wir weiter und erreichten eine weitere kleine Anlegestelle. Hier kam uns ein kleiner Kaiman (Black Caiman), knapp einen Meter lang, entgegen geschwommen. Ausgewachsen wird dieser größte hier vorkommende Kaiman bis zu 6 m lang !!! Von den Eltern keine Spur…

Weiter ging die ruhige Fahrt am Rand entlang des vielleicht 1 km langen Sees. Im Schilf entdeckten wir einen weiteren Hoatzin sowie wieder zwei Rohrspottdrosseln, die wohl gerade damit beschäftigt waren, ein Nest zu bauen. Um 7:50 h kamen wir wieder am Ausgangspunkt an. Ein Mitreisender legte sich vorne auf die Bootspitze und schob ein im Weg stehendes Boot zur Seite, so dass wir anlegen konnten. Nun machten wir uns wieder auf den Rückmarsch. Die Hitze setzte uns mächtig zu. Am Boden entdeckte Oscar wieder 2 kleine Pfeilgift-Frösche (Three-striped Poisen Dart Frog) die kräftig riefen, offensichtlich zwei Männchen, die versuchten einem Weibchen zu imponieren. Ein Schwarzstirntrappist (Black-fronted Nunbird) saß im dichten Laub auf einem Ast, schwer zu entdecken. Am Boden sahen wir immer wieder eigenartige von Zikaden errichtete Erdhaufen...

Wir wanderten langsam weiter. Oscar entdeckte immer wieder verschiedene Insekten, die teilweise schlicht, teilweise sehr farbenfroh aussahen. Da durfte auch ein Foto mit Entelchen und Krächzi nicht fehlen.

Am Canopy Tower, einem Aussichtsturm, machten wir auf einer Bank eine kleine Pause. Dann ging es weiter auf den letzten Kilometer. Tomoko hatte leider wieder Kopfschmerzen. Um 10:00 h erreichten wir wieder die Lodge. Hier gab es frischen Saft, von dem wir gleich mal 3 Gläser tranken. Auch kleine Käsesandwichs standen bereit, von denen wir, hungrig wie wir waren, gerne einige aßen. Oscar zerlegte mit seiner Machete die vorhin im Dschungel gefundene Paranuss (Brazil Nut), eine endemische Nussart, und knackte anschließend die darin befindlichen Nüsse mit einem dafür bereitstehenden Gerät. Die frischen Nüsse schmeckten toll.

Nachdem wir uns ein wenig ausgeruht hatten, zogen wir uns bis zum Mittagessen aufs Zimmer zurück. Ein prächtiger Grashüpfer saß auf dem Geländer ganz in der Nähe.

Nach einer erfrischenden Dusche schrieb ich weiter Tagebuch, während Tomoko sich wegen ihrer wieder stärker werdenden Kopfschmerzen aufs Bett legte, die arme… Das Mittagessen um 13:00 h schmeckte wieder hervorragend. Danach machten wir ein wenig Siesta. Um 15:00 h sollte der nächste Ausflug stattfinden. Tomoko überlegte bis zum Schluss, ob sie wegen ihrer Kopfschmerzen mitgehen sollte. Letztendlich entschloss sie sich doch mitzukommen, was sie nicht bereuen sollte. Kurz nach 15:00 h brachen wir auf zu einer einstündigen Wanderung zu einer Beobachtungshütte, wo man eventuell Säugetiere wie Pekkaris und ähnliche beobachten kann, wie sie an einer Lehmwand Mineralien lecken. Gleich kreuzte ein Agouti unseren Weg, verschwand aber schnell im Unterholz. Aus einer Höhle in einem Baum direkt neben dem Pfad schaute ein Golden-collared Toucanet heraus, der bald die Höhle verließ und in die nahen Baumwipfel flog.

Es folgten 2 oder 3 Antwrens. die aber schnell im dichten Laub verschwanden, so dass wir kein Foto machen konnten. Um kurz nach 16:00 h kamen wir am Hide an. Der Weg bis hierhin war zum Schluss durch ein paar kleine Auf- und Abstiege in der jetzt ziemlich starken feuchten Hitze sehr anstrengend, speziell für mich. Ich war froh, mich setzen zu können und meinen Kopf mit etwas Wasser zu übergießen. Mein T-Shirt war klatschnass durchgeschwitzt. Nach kurzem Verschnaufen ging es aber gleich wieder besser. Im Beobachtungsstand wurden wir von zahlreichen Moskitos attackiert. Von Säugetieren keine Spur, dafür sahen wir zwei Baumläufer, einen Elegant Woodcreeper sowie einen Buff-throated Woodcreeper. Plötzlich ein lautes Krächzen in der Luft. Zwei Müller-Amazonen hatten hoch in der Spitze eines Eisenholzbaums (Iron Tree) senkrecht über uns Platz genommen und krächzten ohrenbetäubend. Tomoko war begeistert. Wir verrenkten uns fast den Hals, um sie sehen zu können.

Gegen 16:50 h drängte Oscar zum Aufbruch. Wir wollten vor der Dunkelheit wieder bei der Lodge sein. Plötzlich blieb Oscar, der voraus ging, stehen und zeigte stumm auf den Boden vor uns. Dort lag quer zum Trail regungslos eine Lanzenotter (Fer-de-Lance), eine der giftigsten Schlangen weltweit. Wir schauten atemlos zu. Die Schlange blieb vielleicht 5 Minuten in dieser Position, bis sie schließlich lautlos im Gebüsch verschwand. Etwas erschrocken gingen wir zügig weiter. Um 17:35 h kamen wir wieder bei der Lodge an und wurden von einem Agouti begrüßt, der aber ziemlich scheu war.

Insgesamt hatten wir ca. 3,5 km zurückgelegt. Jetzt schnell die klebrigen Klamotten ausziehen und eine erfrischende Dusche nehmen. Danach etwas ausruhen auf dem Bett. Vor dem Abendessen um 19:00 h schrieb ich noch einige Zeilen Tagebuch. Der Speisesaal war wieder gut gefüllt. Da Tomoko noch im Souvenir-Shop war und einen Holzspecht (Türklopfer für unsere Wohnungstür) kaufte, setzte ich mich kurz an die Bar und bestellte eine große Flasche eiskaltes Bier, sehr erfrischend. Das Essen war wie immer ausgezeichnet. Wir quatschten anschließend noch etwas, doch kurz vor 21:00 h zogen wir uns auf unser Zimmer zurück, stellten den Wecker auf 4:15 h und gingen schlafen. Morgen wollten wir früh los, um rechtzeitig bei den Lehmwänden (Clay Licks) zu sein, wo wir hofften viele Papageien sehen zu können.


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